(Mofarennen
am Götzberg, 2022)
Wer
durchhält, wird jedenfalls nicht Letzter
Motorsport: knatternde
Zweitakter, Überholmanöver in den Kurven, Männer
in Rennkluft drehen Runde um Runde. Und mittendrin fährt Thomas
Haecks aus Kattendorf scheinbar seelenruhig über den Parcours.
Er trägt eine schwarze Anzughose mit Nadelstreifen, weißes
Hemd mit Krawatte und Weste und einen altmodischen Sturzhelm. Sein
Gefährt ist nicht frisiert, sondern als einziges hier im Originalzustand,
angemeldet und für den Straßenverkehr zugelassen.
111 Minuten haben die Fahrer beim Mofarennen in Götzberg Zeit,
um die Strecke auf einem abgeernteten Getreidefeld möglichst
oft zu absolvieren; Sieger ist derjenige mit den meisten Runden.
Gefahren wird auf Mofas, also mit 50 Kubikzentimetern Hubraum und
Pedalen. Zündapp, Herkules, KTM die Maschinen, die in
den 1980-er Jahren die Herzen der 15-jährigen Jungs höher
schlagen ließen. Und schon damals frisiert wurden, um schneller
zu fahren als mit den erlaubten 25 Stundenkilometern.
30 Jahre später wollten zwei inzwischen groß gewordene
Jungs es nochmal wissen, wessen Mofa schneller fährt. So entstand
das Rennen am Götzberg, das am Sonnabend zum 13. Mal ausgetragen
wurde. Inzwischen haben die Veranstalter für die Organisation
einen Verein gegründet, die Alstermotoren Wakendorf II e. V.
Dessen zwei Dutzend Mitglieder kümmern sich um das ganze Drumherum
inklusive Party nach dem Rennen. Bei uns ist jeder gern gesehen,
die Anmeldung für die 111 Minuten ist offen, erklärt Organisator
Marc Hammann. 15 Fahrer sind in diesem Jahr dabei.
Thomas Haecks, der Mann im Anzug, fährt zum dritten Mal mit.
Nach gut einer Stunde biegt er von der Strecke ab, seine Tochter
Sandra Haecks aus Bad Bramstedt und seine Partnerin Maike Leinbaum
aus Oersdorf bringen ihm etwas zu essen und zu trinken. Mitten im
Rennen legt er erstmal eine Pause ein. Für mich steht
der Spaß an erster Stelle, erzählt er. Mit dem
Verlauf ist er bisher zufrieden: Die Maschine hält durch.
Er besitzt zwei Herkules-Mofas; in diesem Jahr benutzt er diejenige
mit Zweigang-Schaltgetriebe, die kommt besser die Steigungen hoch
als die Automatik-Version, hat Haecks festgestellt.
Die Geschichte mit dem Anzug erzählt er auch noch: 2018 wollte
er unbedingt beim Mofarennen mitfahren, chauffierte aber am gleichen
Tag mit einem Trecker seine Tochter durch ihren Junggeselllinen-Abschied.
Die Tour zog sich länger als gedacht, und so musste er direkt
im Anzug zum Götzberg und starten. Seitdem fährt er die
111 Minuten in Nadelstreifen und avanciert damit zum Publikumsmitglied.
Trotz seiner gemütlichen Attitüde: Irgendwann wird
man verbissen, ich will ja auch ein paar Runden fahren, sagt
er, bevor er wieder startet. Letzter wird er heute nicht, obwohl
er mit 55 Runden weit hinter dem Sieger mit 128 Runden liegt. Aber
zwei Teams scheiden komplett aus, andere kämpfen mit technischen
Problemen und müssen ihre Maschinen langwierig reparieren.
Einfach durchhalten, das genügt schon, um nicht hinten zu liegen.
Jan Berndt hat gerade am Stand der Schrauberfreunde 49 ccm
das Mofa seines Fahrers wieder in Gang gesetzt. Zu fett angemischt,
erklärt er den Aussetzer: Im Vergaser saß für die
heiße Luft die falsche Düse, darum ist der Motor mitten
im Rennen abgesoffen. Jetzt könnten wir den Luftfilter
abnehmen, aber bei dem Staub in der Luft ist sie dann tot,
fachsimpelt der junge Mann aus Elmshorn.
Sein fünfköpfiges Team fährt sein erstes Mofarennen.
Vor einigen Wochen sahen sie eins in Jagel, kauften eine gebrauchte
KTM Foxi, Baujahr 1988, überholten den Motor und kamen nach
Götzberg. Sonst fahren wir Motocross, darum gebe
es hier noch viel zu lernen. Beim nächsten Mal wird Jan Berndt
einen kompletten Satz Düsen für den Vergaser mitnehmen,
um auf alles vorbereitet zu sein. Motortechnisch sind wir
ziemlich schwach aufgestellt, aber wir haben einen guten Fahrer,
tröstet er sich.
Vielen Fahrern sieht man an, dass sie häufiger Motorradrennen
fahren: Kurventechnik und Schutzkleidung von den Stiefeln über
den Schutz für den Oberkörper bis zum speziellen Helm.
Die Rennfahrer machen den Sieg unter sich aus, aber die anderen
gewinnen viele Zuschauerherzen. Unsere Favoriten sind die
Oldschool-Mofas, sagt Paule: diejenigen ohne Sitzbank, die
aussehen wie ein Fahrrad mit Motor und Tank. Paule ist mit ihrem
Partner Tim extra fürs Rennen aus Flensburg angereist. Tim
hat früher auch sein Mofa frisiert, 60 fuhr die Maschine, erzählt
er.
Susi heißt das Mofa, das von Schrauber Timo betreut wird:
Der hat da schon ordentlich was dran gedreht, erklärt
Lea Steinfels aus Wakendorf II, eine der beiden Fahrerinnen im Team
Susis Schnitten. Die Frauen dürfen sich als einzige
abwechseln, bei den Männern muss ein Fahrer die ganze Distanz
absolvieren.
Besser als gedacht lief es für Lea Steinfels in
ihren ersten 40 Minuten. Sie hatte Befürchtungen, dass es mit
ihrer Schutzkleidung zu heiß würde, aber der Fahrtwind
kühlte sie ab. Die letzten werden wir nicht und das beste
Frauenteam, gibt sich Steinfels kämpferisch bei ihrem
dritten Götzberg-Rennen.
Ihre Partnerin Kristina Wilkens hat vor zwei Wochen zum ersten Mal
auf einem Mofa gesessen. Sie ist als Ersatz für Steinfels
Ko-Pilotin eingesprungen: Ich kann sie ja nicht hängen
lassen. Das Rennen macht ihr Spaß, sie spekuliert schon
fürs nächste Jahr: Dann müssen die Regeln geändert
werden, damit die Frauen auch zu dritt fahren dürfen.
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