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Abschied vom Jungpferd


Stilvoll über den Acker mit 50 Kubikzentimetern
Mofarennen

Im offenen Eichenboot auf der Nordsee unterwegs
Dampferbörte

"Es blutet einem schon das Herz."
Pferdeauktion

„Wir alle scheitern irgendwann.“
XXL-Papierboot kentert im Fluss

(Eine Züchterin gibt ihr Pferd in eine Auktion, 2022)

Fiene Dittenborn und Caroline Beckmann

50.000 Euro für "La Douce"

„Es blutet einem schon ein bisschen das Herz“, sagt Deike Ahsbahs. „Insbesondere bei diesem Pferd“. „La Douce“, die Süße, heißt die vierjährige, dunkelbraune Stute. Deike Ahsbahs hat ihre Geburt miterlebt und sie aufwachsen sehen, sie hat sie selbst angeritten.
Heute heißt es Abschied nehmen. Seit vier Wochen steht die junge Stute nicht in ihrem heimischen Stall in Bokel, sondern in Elmshorn beim Holsteiner Verband. Vier Wochen lang wurde sie von fremden Leuten trainiert, taxiert, präsentiert und Probe geritten. Jetzt ist es soweit: La Douce wird heute als viertes Pferd bei der jährlichen Elite-Reitpferdauktion des Verbands angeboten. Warum Deike Ahsbahs ihr Pferd verkauft? „Weil ich davon lebe.“
Im Stall, den sie mit ihrem Vater betreibt, stehen 20 eigene Pferde. Dazu kommen Pensionspferde, außerdem bietet Deike Ahsbahs Jungpferdeaufzucht an. Ihr Umgang mit Pferden hat zwei Seiten, erklärt sie. Die Emotionen und: „Natürlich ist es auch Geschäft“. Nicht in jedem Jahr, aber immer wieder bringt sie eins ihrer Pferde zur Holsteiner-Auktion.
Rund 7.000 Züchter sind im Holsteiner Verband organisiert, Elmshorn ist die Zentrale. Der Verband ist in Körbezirke aufgeteilt; elf liegen in Schleswig-Holstein, je einer in „Europa“ und Nordamerika. Das Springen ist die Domäne der Holsteiner, in der Dressur werden sie seltener eingesetzt.
Bevor ein Pferd zur Auktion zugelassen wird, inspizieren Vertreter des Verbands das Tier. La Douce hat schon eine Stuten-Leistungsprüfung absolviert, eine „Staatsprämie“ als Auszeichnung kassiert und an drei Springturnieren teilgenommen.
Die Auktionshalle ist riesig. Auf der einen Seite die Pferde, die viel Platz für eine Vorführrunde im Galopp haben. Auf der anderen die Tribüne, besetzt von einigen Hundert Interessenten, Käufern, Züchtern, Zaungästen. Die Vorführfläche wird von Scheinwerfern illuminiert, der aktuelle Stand der Auktion wird auf einem großen Monitor angezeigt. Das Startgebot liegt bei 8.000 Euro.
Ein Teil der Halle ist als VIP-Bereich abgeteilt mitsamt Tischen inklusive Service. Die wichtigen Gäste sitzen gut ausgeleuchtet direkt vor dem Auktionator, ihnen traut der Verband ernste Kaufabsichten zu.
Deike Ahsbahs verfolgt das Geschehen von der Tribüne: „Es ist total spannend, wer sie ersteigert.“ Viele Käufer kennt sie nach der langen Zeit im Verband. Aber seit Corona wird auch online geboten, das hat die Kreise über das Vertraute hinaus erweitert. In Italien sind Holsteiner seit Langem begehrt, andere gehen nach Großbritannien oder in die Schweiz.
Deike Ahsbahs hat einen Mindestpreis für La Douce im Hinterkopf; wie hoch der liegt, verrät sie nicht. Aber falls ihr die Gebote zu niedrig sind, wird sie ihre Stute zurückkaufen, sprich: selbst mitbieten. „Eine Auktion ist eine Wundertüte“, erklärt sie. Falls sich zwei Bieter in ein Pferd verguckt haben, kann der Preis alle Erwartungen übertreffen.
Die Gebote für La Douce steigen schnell, die 10.000 und die 20.000 sind bald übersprungen, die 30.00 flott erreicht. Das Tempo verlangsamt sich, aber der Auktionator kitzelt die Bieter noch. Am Ende wird La Douce für 50.000 Euro in die USA verkauft. Inklusive Steuer, Gebühren und Versicherung muss der Käufer fast 65.000 Euro bezahlen. Insgesamt werden an diesem Nachmittag 31 Jungpferde für zusammen knapp eine Million Euro versteigert.
Ein paar Minuten später ist Deike Ahsbahs auf dem Weg in den Stall, La Douce ein letztes Mal die Nase kraulen. Der Abschied fällt ihr jedes Mal schwer: „Man gewöhnt sich nicht daran.“ Der Preis liegt noch ein bisschen über dem, was sie sich erhofft hatte. Freude, Trauer? „Beides“, sagt sie und danach: „alles gut“. Sie hofft, dass sie irgendwann wieder von La Douce hört. Am liebsten, wenn sie bei Springturnieren Erfolge feiert.

Fiene Dittenborn und Caroline Beckmann

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